Autoreninterview Christiane Lind
Autorin für Historienromane, Fantasygeschichten und Familiensaga
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Liebe Christiane Lind, möchtest du den Lesern meines Blogs ein bisschen was über dich erzählen?
Christiane Lind: Liebe Nadine, erst einmal herzlichen Dank für die Einladung, etwas über mich – und vor allem über meine Bücher erzählen zu dürfen. Was gibt es über mich zu erzählen? Hmm, fangen wir damit an, wie ich zu Büchern gekommen bin. Durch die Frauen meiner Familie – das erklärt wohl auch die starken Frauen in meinen Geschichten – habe ich Bücher und Geschichten lieben gelernt. Meine Mutter und meine Oma haben gerne gelesen und vorgelesen, so dass ich es gar nicht erwarten konnte, selber lesen zu lernen.
Ab da habe ich Bücher verschlungen, Geschichten erfunden, aber nie daran gedacht, dass ich selbst Romane schreiben könnte. Erst im Jahr 2000 in Bremen habe ich mit einer Freundin überlegt, einen Krimi zu schreiben, weil wir beide unsere Jobs gehasst haben. Der Krimi ist über 100 Seiten nie hinaus gekommen, aber ich habe mich mit der handwerklichen Seite des Schreibens beschäftigt und angefangen, kurze Geschichten zu Papier zu bringen.
Es brauchte dann zehn Jahre, bis mein erster Roman veröffentlicht wurde, aber seitdem sind es einige geworden. Wenn ich die Akazie mitzähle, sind es inzwischen fünfzehn Bücher, elf bei Verlagen, vier als Self Publisher. Beim Schreiben begebe ich mich am liebsten auf die Spur von Familien und deren Geheimnisse, sei es im Mittelalter, dem 20. Jahrhundert oder auf anderen Kontinenten.
Nach beruflichen Zwischenstationen in Göttingen, Gelsenkirchen und Bremen teile ich heute in Kassel eine Wohnung mit unzähligen und ungezählten Büchern, einem Ehemann und vier Katern. Die Samtpfoten erwarten von mir, dass mindestens eine Katze in ihren Geschichten vorkommt, was ich als braves Katzenpersonal immer umsetze.
Eine Autorin – 4 Pseudonyme – verschiedene Genre. Wie kam es dazu?
Christiane Lind: Oh, es sind sogar fünf:
Christiane Lind für historische Romane, Familiengeheimnisse und Katzengeschichten. Clarissa Linden für Familiengeheimnisse, die im Nationalsozialismus spielen. Chris Lind für Fantasygeschichten und einen Roman mit griechischen Göttern. Laura Antoni für ein Jugendbuch und schließlich …Carolyn Lucas als meine erste Self Publisher-Identität für Fantasygeschichten mit Engeln.
Ich schreibe in unterschiedlichen Genres, weil ich auch unterschiedliche Genres lese und es überhaupt nicht mag, mich festlegen zu lassen. Die Pseudonyme waren teilweise Wünsche der Verlage: neues Genre, neuer Name; teilweise meine Idee: so wollte ich das Self Publishing von den Verlagsbüchern trennen. Die Idee finde ich heute nicht mehr so genial, so dass die Akazie wieder unter Christiane Lind erschienen ist.
Du hast schon sehr viele Berufe ausgeführt. Ist Vielseitigkeit etwas, dass dich inspiriert? Was z.B. hat dich dazu bewogen, Sozialwissenschaften zu studieren und wie sehr hilft dir das beim Schreiben?
Christiane Lind: Leider ist es eher genau anders herum. :-) Ich kann mich nur schwer entscheiden und langweile mich schnell, so dass ich immer wieder etwas Neues versuche. Und es war nicht so einfach, als Sozialwissenschaftlerin eine Stelle zu finden. An Sozialwissenschaften fand ich toll, dass ich unterschiedliche Fächer studieren konnte. Außerdem fand und finde ich Menschen einfach faszinierend. Dank des Studiums kenne ich mich mit Bibliotheken und Archiven aus, was unglaublich hilfreich für Recherchen ist. Außerdem habe ich gelernt, größere Schreibprojekte zu organisieren und zu bewältigen und mich selbst zu organisieren. (Obwohl ich einen Hang dazu habe, zu viel Zeit im Internet zu verbringen oder mich in Recherche zu verlieren.)
Setzen dich die Deadlines deiner Verlage schon mal unter Druck?
Christiane Lind: Toi, toi, toi, bisher nicht. Ich schreibe relativ schnell und plane großzügig, so dass ich bisher (fast) immer pünktlich abgegeben habe. Nur von meinem Lieblingsbuch konnte ich mich nicht trennen und habe zweimal Aufschub erbeten.
Eine wie ich finde fantasievolle Idee ist die, dass deine 5 Katzen in jedem deiner Romane auftauchen. Wie kam es zu dieser Idee?
Christiane Lind: Inzwischen sind es leider nur noch vier Kater, unser Schwarzbrot ist im letzten Jahr gestorben, so dass ich ihn in mein Buch geschrieben habe, das im Januar 2017 erscheint. Hmm, wie bin ich auf die Idee gekommen? Da muss ich nachgrübeln. Mein zweites Buch bei Rowohlt waren weihnachtliche Katzengeschichten, das dritte war „Im Land der Kaffeeblüten“, in dem es eine klasse Oma gab, der ich etwas Besonderes geben wollte – und da kamen die Kater ins Spiel. Und von da an spielten sie sich immer mehr in den Vordergrund, wie Kater so sind.
Wie entstehen deine Geschichten? Wie gehst du vor? Entstehen die Romane nach expliziten Vorstellungen oder lässt du auch mal alles auf dich zukommen?
Christiane Lind: Ich bin eine Mischung aus Planerin und „Bauchschreiberin“, wobei ich diesen Begriff nicht mag, weil ich mir das immer bildlich vorstelle. Damit ich eine Geschichte schreiben kann, brauche ich die Hauptfiguren, den Anfang und das Ende. Sobald das steht, fange ich an, wild draufloszuschreiben: einzelne Szenen, die mir in den Kopf kommen, bunt durcheinander, bis ich etwa ein Viertel des Manuskripts geschrieben habe. Dann setze ich mich ans Plotten, schreibe einen detaillierten Plan, was in welchem Kapitel geschehen soll. Von da an schreibe ich sehr systematisch ein Kapitel nach dem anderen.
Wenn ich Geschichten an Verlage verkaufen will, erstelle ich inzwischen oft einen Plot-Plan, damit die Lektorinnen sehen können, wie sich die Geschichte entwickelt und welche entscheidenden Wendungen es geben soll.
In deinem Roman „Im Schatten der goldenen Akazie“ nimmst du deine Leser mit auf eine Reise durch das australische Outback. Wie liefen deine Recherchearbeiten dazu ab? Warst du in Australien?
Christiane Lind: Ganz ehrlich, ich habe mich nicht nach Australien getraut. Ich habe furchtbare Angst vor Spinnen und finde Schlangen und giftige Kröten auch nicht sehr attraktiv, die sich in Down Under tummeln. Außerdem fehlten mir Zeit und Geld, so dass ich statt zu reisen viel recherchiert habe. Ich habe Reiseberichte gewälzt, Reisevideos und Filme angesehen, mit Menschen gesprochen, die durch Australien gereist sind. Praktischerweise war meine Schwester viermal dort und ich habe eine Studienfreundin, die in Cairns lebt. Ich habe australisches Bier getrunken, australische Süßigkeiten (TimTams) gegessen, Didgeridoo-Musik gehört und gelesen, gelesen und gelesen. Und ich war im Zoo, um mir Kängurus, Wombats und Koalas anzuschauen. Auf Schlangen und Spinnen habe ich verzichtet.
Die Protagonistinnen in deinem Roman, Victoria, Catherine, Franziska und auch Alina sind alles starke junge Frauen, jeder für sich hat sein „Päckchen“ zu tragen. Fällt es dir leicht, solche Charaktere zu erschaffen und wie gehst du das an?
Christiane Lind: Oh, das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Als ich anfing zu schreiben, habe ich mich gefragt, wie man lebensnahe Figuren schreibt und habe Ratgeber gelesen und mich in Autorenforen umgeschaut. Oft hieß es dort, dass die Figuren plötzlich da wären und die Geschichte bestimmten. Damals dachte ich, das ist bestimmt ein Mythos, den man erzählt, damit Menschen wie ich nicht auf die Idee kommen, Bücher schreiben zu wollen. Heute weiß ich, dass da etwas dran ist.
Obwohl ich Figurenbiografien entwerfe und mir alle Charaktere vorstelle und entwickle, passiert es sehr oft, dass die Figuren sich dann anders verhalten, als sie sollten und als ich geplant hatte. Unbewusst entwerfe ich Figuren oder jedenfalls einzelne Charakterzüge nach Familie und Freunden, wobei ich versuche, niemals Figuren eins zu eins nach Menschen auf meinem Freundeskreis nachzubilden. Ich glaube, das fänden meine Freundinnen nicht wirklich lustig, vor allem, wenn es eine negative Figur wäre.
Magst du uns auch was über deine anderen Bücher erzählen?
Christiane Lind: Aber gerne – ich versuche, mich kurz zu halten.
Beginnen wir mit den historischen Romanen, weil ich mit einem historischen Roman ins Schreiben eingestiegen bin. „Die Geliebte des Sarazenen“ (den Titel finde ich furchtbar!) ist 2010 erschienen und inzwischen nur noch als eBook erhältlich. Ich mag die Geschichte, die zur Zeit der Kreuzzüge spielt, immer noch sehr, weil sie – neben der Pilgerreise meiner Heldin Leonore nach Jerusalem – die Frage stellt, wie Menschen unterschiedlicher Religionen zusammenleben können.
Aleke heißt die Heldin aus „Die Heilerin und der Feuertod“ und „Die Medica und das Teufelsmoor“, die im Spätmittelalter in Braunschweig und Bremen spielen. In beiden Romanen sucht Aleke, ein uneheliches Kind, ihren Platz in der Welt und stolpert dabei über Verbrechen und den richtigen Mann.
Im Mai 2016 habe ich das Mittelalter verlassen und bin ins London von Elisabeth I. gereist. „Das Shakespeare Geheimnis“ spielt im Schauspieler- und Theatermilieu und begleitet eine junge Frau auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann. Die Zeit, in der die Geschichte spielt, ist unglaublich faszinierend und die Recherche über das Theater zu Shakespeares Zeiten hat mir unglaublich Spaß gemacht.
„Weiße Rosen auf der Titanic“ ist eine PersonalNovel, also ein Buch, wo man der Heldin den eigenen Namen geben kann und Freunde und Familie ebenfalls unterbringen kann. Es war eine interessante Erfahrung, Figuren so offen zu halten, dass jeder und jede sich darin wiederfinden kann. Und der Untergang der Titanic ist einfach ein spannendes Thema.
Apropos Untergang, nun kommen wir zu den beiden Büchern, die es nicht mehr zu kaufen gibt: Im Land des ewigen Frühlings, ursprünglich mein Jugendbuch, spielt 1902 in Guatemala und 2011 in Bremen. Zwei Schülerinnen recherchieren das Leben ihrer Ururgroßmütter und kommen einem Familiengeheimnis auf die Spur. Die Geschichte habe ich überarbeiten und als Self Publisher herausgebracht.
„Kein Gott wie jeder andere“ spielt in Kassel und ist ein lustiger Fantasy-Frauenroman, der sich fragt: „Was wäre, wenn die griechischen Götter in unserer modernen Welt lebten?“ Ich mag die griechischen Sagen sehr und hatte viel Spaß dabei, Zeus, Hera und alle anderen in unsere Zeit zu holen.
Ebenfalls im Genre Fantasy habe ich meine ersten drei Self Publishing-Bücher angesiedelt. Carolyn Lucas schreibt romantische Engelsgeschichten mit Katzen und Pferd.
Dank der Kater hatte ich genug Anschauungsmaterial für zwei Bücher mit Katzengeschichten: „Weihnachtspunsch & Weihnachtskater“ beschäftigt sich mit dem Sinn des Festes und stellt unterschiedliche Katzen und deren Menschen vor. Für „Endlich Schnurrlaub! Geschichten von Katzen auf Reisen.“ habe ich mich von Zeitungs- und Internetberichten über reisende oder wandernde Katzen anregen lassen. Toll, was die Stubentiger so alles erleben.
Und zum Schluss stelle ich euch mein Lieblingsgenre vor: die Familiengeheimnisse. Das erste Buch war „Das Haus auf der Blumeninsel“, das in Cornwall und auf Madeira spielt, beides Sehnsuchtsorte. Hier war ich auf Recherchereise – es war einfach großartig.
Mein Familiengeheimnis ist „Im Schatten der goldenen Akazie“, das in Australien spielt und dem Schicksal der Wagner-Schwestern Ende des 19. Jahrhunderts folgt.
Als allerletztes kommt nun mein Lieblingsbuch, das ich einfach nicht aus der Hand geben wollte. „Ich warte auf dich, jeden Tag“, ist unter dem Pseudonym Clarissa Linden erschienen. Lily, deren Lebens- und Liebesgeschichte ich erzähle, ist meine Lieblingsfigur, weil sie so eigensinnig und stark und gleichzeitig verletzlich ist. Und ihre Familie mag ich ebenfalls, vor allem, weil sie sich in der schlimmen Zeit des Nationalsozialismus nicht unterkriegen ließen.
Was wird in naher Zukunft passieren? Gibt es Träume, die noch nicht ausgelebt sind?
Christiane Lind: Aktuell denke ich über ein Buch nach, das ich sehr, sehr, sehr gerne schreiben würde – und fürchte, dass jemand anders schneller mit der Idee ist. Ja, ich hätte gerne einen Bestseller und neben dem Schreiben möchte ich schon seit ewigen Zeiten ein eigenes Pferd. Mal sehen, ob eines davon etwas wird.
Gibt es einen Ort, der dir als absolute Ruhe-Oase dient? Zum Abschalten und wenn du mal dem Alltag entfliehen möchtest?
Christiane Lind: Das Internet. :-D Wenn ich Natur um mich haben möchte und viel Zeit habe, gehe ich in den Bergpark Wilhelmshöhe hier in Kassel. Der ist wirklich wunderschön und prima geeignet, die Gedanken wandern zu lassen.
Hast du zum Abschluss noch eine Botschaft, die du an die Leser meines Blogs richten möchtest?
Christiane Lind: Oh, Botschaften finde ich schwierig, wie wäre es mit einem Gruß? Liebe Leserinnen und Leser, danke, dass ihr meine Geschichten lest (und kauft) und eure Zeit mit meinen Heldinnen und Katzen verbringt. Ich freue mich über Rückmeldungen auf Facebook oder über meine Internetseite.
Liebe Christiane Lind, ich danke dir vielmals für dieses tolle Interview und den Einblick in deine interessante Welt rund um das Schreiben! Ich denke, wir Leser freuen uns vorallen auf weitere spannende Familiengeschichten ;-).
Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute!
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